Zum Hauptinhalt springen

Emotion statt Austauschbarkeit:
Wie die Molkerei Berchtesgadener Land ihre Milch emotionalisiert

Beitrag von: Richard Bolten | Lesedauer: Min.

Milch ist für die meisten ein Alltagsprodukt. Gerade deshalb eignet sie sich hervorragend als Beweisfall für strategische Markenarbeit: Wenn ein Commodity wie Milch erfolgreich emotional inszeniert wird, zeigt das exemplarisch, was starke Markeninszenierung leisten kann.

Ein besonders gelungenes Beispiel liefert die Molkerei Berchtesgadener Land mit ihrer Kampagne „ZUHAUSE“. Sie stellt nicht das Produkt in den Mittelpunkt, sondern ein emotional anschlussfähiges Lebensgefühl: Heimat, Vertrauen, Vertrautheit. Die Emotionalisierung erfolgt nicht durch Lautstärke – sondern durch Haltung und Konsistenz.

Commodity-Produkte: Austauschbar im Angebot – anspruchsvoll in der Markenführung

Milchmärkte gelten als hochkompetitiv: starke Handelsmacht, geringer funktionaler Unterschied, hoher Preisdruck. Und genau hier zeigt sich das strategische Potenzial von klaren Markenwerten und gezielter Markeninszenierung.

Aber Milch ist längst mehr als nur ein Nährstoffträger. Sie ist kulturell aufgeladen, gesellschaftlich umstritten und emotional vielschichtig: Von Kindheit und Geborgenheit über Tierwohl, Klimaschutz und Regionalität bis hin zu Fragen des Bauernsterbens. In solch komplexen Bedeutungsräumen wird Austauschbarkeit zur Gefahr – und Markenpositionierung zur Notwendigkeit.

Wer sich nicht aktiv positioniert, wird zur Projektionsfläche. Wer dagegen bewusst eine Rolle im kulturellen Kontext einnimmt, kann auch scheinbar banale Produkte mit Relevanz und Tiefe aufladen.

Sie benötigen Unterstützung bei der Markeninszenierung?

Best Practice: Die „ZUHAUSE“-Kampagne der Molkerei Berchtesgadener Land

Die Molkerei Berchtesgadener Land demonstriert, wie Markeninszenierung im Commodity-Umfeld gelingen kann – gerade weil sie auf klassische Produktkommunikation verzichtet. Die Kampagne „ZUHAUSE“ macht deutlich: Differenzierung entsteht nicht durch Features oder Nährwerte, sondern durch emotionale Bedeutung.

Poesie statt Produkt – Haltung statt Benefits

Im Zentrum steht ein knapp zweiminütiger Poetry-Film: Ein junger Autor und Milchbäuer:innen aus dem Berchtesgadener Land erzählen, was „Zuhause“ für sie bedeutet. Kein Produkt im Bild. Keine Aufzählung von Vorteilen. Kein Werbesprech.

Stattdessen: Eine emotionale Erzählung über Herkunft, Geborgenheit und Identität. Die Marke tritt hinter das Thema zurück – und gewinnt genau dadurch an Tiefe.

Markenwerte erlebbar gemacht – ohne sie auszusprechen

Was auffällt: Es wird kein einziges Markenversprechen ausgesprochen. Und doch ist klar, wofür die Marke steht. Die Inszenierung transportiert Haltung, Regionalität, Glaubwürdigkeit – durch echte Menschen, echte Orte, echte Sprache.

Diese Zurückhaltung ist ein strategischer Kunstgriff. Die Marke ist spürbar, aber nicht vordergründig. Emotional, aber nicht laut.

Crossmediale Ausspielung mit klarem Wertefokus

Die Kampagne wurde über YouTube, Social Media, Out-of-Home und Owned Media ausgespielt. Ergänzende Inhalte auf den eigenen Kanälen vertiefen das Narrativ – nicht mit „mehr vom Gleichen“, sondern mit Perspektivvielfalt auf dasselbe Thema: Was bedeutet Zuhause?

Das Ergebnis: Kein Produkt wird beworben – und doch wird die Marke emotional verankert.

Hier geht’s zum Kampagnenfilm

Ein Kind sitzt am Tisch mit einer Schüssel Frühstück und einer Packung Müsli in der Nähe. Ein Kind genießt sein Frühstück am Tisch.

Vier Insights für Markenverantwortliche

Die Grundlagenarbeit ist natürlich Pflicht: Eine fundierte Markenpositionierung, klar definierte Markenwerte und ein konsistentes Versprechen sind unverzichtbar. Wer das nicht leistet, kann keine emotionale Markenbindung erwarten.

Doch das allein reicht nicht – gerade im Commodity-Umfeld, wo Austauschbarkeit die Regel ist. Was oft vernachlässigt wird, sind vier strategische Hebel, die über funktionierende Markeninszenierung entscheiden:

1. Bedeutungsräume aktiv besetzen – statt nur Haltung zu zeigen

Viele Marken „zeigen Haltung“ – aber sie überlassen dem Zufall, wofür sie langfristig stehen wollen. Erfolgreiche Marken im Commodity-Bereich tun genau das nicht. Sie besetzen gezielt semantische Räume, die emotional aufgeladen sind – und zur Produktkategorie passen.

Wie die „ZUHAUSE“-Kampagne das macht:
Die Molkerei Berchtesgadener Land besetzt bewusst den Bedeutungsraum „Zuhause“ – ein Thema, das emotional tief verankert ist und zur Herkunft des Produkts ebenso passt wie zu den Werten der Marke: Nähe, Vertrauen, Regionalität. Die Kampagne macht dieses Feld zur exklusiven Bühne der Marke – glaubwürdig, emotional und relevant.

2. Emotionale Konsistenz herstellen – über alle Kontaktpunkte hinweg

Emotion ist kein Zufallsprodukt, sondern ein Effekt konsequenter Kommunikationsarbeit. Das bedeutet: Wer emotionalisieren will, muss konsistent inszenieren – in visuellen Codes, Tonalität, Sprache und Narrativ.

Wie die „ZUHAUSE“-Kampagne das macht:
Die reduzierte, ruhige Bildsprache, der poetische Ton, die echte Sprache und authentischen Gesichter ziehen sich durch alle Kanäle – vom Film über OOH bis zu den Social-Media-Pieces. Nichts wirkt inszeniert oder wechselhaft – und genau das macht die Kampagne emotional glaubwürdig.

3. Kontextuelle Intelligenz entwickeln – damit Botschaften wirken

Touchpoints allein machen keine Wirkung. Entscheidend ist, wo und wie ein Markensignal auf die Zielgruppe trifft. Marken brauchen heute eine klare Signalstrategie statt reinem Kanaldenken.

Wie die „ZUHAUSE“-Kampagne das macht:
Die Kampagne wurde nicht einfach breit gestreut, sondern dort platziert, wo der emotionale Kontext stimmt: im Feed, auf großen Flächen im öffentlichen Raum, in Situationen, in denen Menschen unterwegs oder im Alltag verwurzelt sind. Der Film wirkt deshalb besonders stark, weil er nicht auf Conversion zielt – sondern auf Resonanz.

4. Markenpositionierung operationalisieren – über konkrete Markenwerte

Positionierung bleibt oft abstrakt, wenn sie nicht operationalisiert wird. Wer Markenwerte definiert, muss sie auch kommunikativ erlebbar machen – mit klaren Ausdrucksformen und wiedererkennbarer Inszenierung.

Wie die „ZUHAUSE“-Kampagne das macht:
Die Kampagne spricht nie explizit über Regionalität, Nachhaltigkeit oder genossenschaftliche Struktur – und doch sind diese Markenwerte durchgängig spürbar. Die Entscheidung für echte Bäuer:innen, reale Höfe und eine Sprache, die Nähe schafft, übersetzt die Markenwerte in ein konsistentes Erlebnis.

Fazit: Markeninszenierung beginnt bei der Strategie

Die Molkerei Berchtesgadener Land zeigt eindrucksvoll: Auch alltägliche Produkte können starke Marken sein – wenn sie strategisch geführt, emotional aufgeladen und glaubwürdig inszeniert sind. Gute Geschichten reichen dafür nicht aus. Es braucht:

  • eine klare Markenpositionierung
  • präzise definierte Markenwerte
  • und eine konsistente, kontextintelligente Markeninszenierung, die diese Werte erlebbar macht.

ROOTS unterstützt Unternehmen dabei, genau diese strategischen Räume zu identifizieren – und fundierte Strategien zu entwickeln, wie sie im Markt glaubwürdig besetzt und emotional aufgeladen werden können.

Sprechen Sie uns gerne an!

Mehr zur Entwicklung Ihrer Markenpositionierung
Oder zur strategischen Content-Entwicklung

Teilen Sie den Beitrag:
Autor

Richard Bolten

Head of Marketing & Growth

LinkedIn Profil

Sie möchten mit ROOTS tiefer in das Thema einsteigen? Sprechen Sie uns gerne an.

Think Tank –
unser Blg.

Emotion statt Austauschbarkeit – wie die Molkerei Berchtesgadener Land ihre Milch emotionalisiert

Artikel lesen
Gesättigter Markt, austauschbares Angebot: Wie starke Marken zum Erfolg führen

Artikel lesen
Custom GPTs richtig einsetzen: Was Marketingentscheider jetzt wissen und tun sollten

Artikel lesen
GEO statt SEO? Warum klassische Suchmaschinenoptimierung bald nicht mehr reicht

Artikel lesen
Thermomix TM7 Küchengerät mit einem Touchscreen und einem schwarzen Gehäuse.
Go-to-Market: Die Launchkampagne des neuen Thermomix TM7 von Vorwerk

Artikel lesen
Goodyear trennt sich von Dunlop: Fokussierung von Markenportfolios als Schlüssel zur erfolgreichen Markenstrategie

Artikel lesen
stanley cup social media strategie
Der Stanley Cup: Erfolgreiches Social-Media-Marketing – und große Verantwortung

Artikel lesen
ROOTS x Danone: Artwork Excellence Summit in Bangkok

Artikel lesen
Responsible AI: Warum AI Governance im Marketing unverzichtbar ist

Artikel lesen
Julia Fränzel und Richard Bolten stärken Team ROOTS

Artikel lesen